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Labyrinth

Jetzt hier, gleich dort.
Gedanken rennen immer neu,
tief versunken, fein sortiert,
wie Spreu vom Korn getrennt,
wie Herbstlaub sanft zu Boden fällt.
Ratio zerlegt ganz kleinlich,
ordnet reinlich und erträumt sich
aus dem Staub manch neue Welt.

Blick ich nach hinten säumen
Krümelbrot und Faden meinen Weg.
Mag trickreich tief das Labyrinth auch sein,
markiert ist jede Biegung.

Der Weg liegt offen aus.
Ich könnte raus, doch fällt es mir so schwer.
Hier drinnen haben Schrecken kein Gewicht,
sie wiegen draußen umso mehr.

Ich setze einen letzten Stein.
Ich lasse los.
Ich geh zurück.

Komm zur Ruh.
Bin daheim.

Zuversicht bestärkt mich,
hilft durch meinen Tag.

Brot und Faden führen nicht hinaus, sondern zurück hinein.


Anwendung in der Praxis


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Hyperfokus und Spezialinteresse

Das Gedicht ist aus der Arbeit rund um die Themen Hyperfokus und Spezialinteressen entstanden. Hyperfokus zum einen meint die extreme Konzentration, wie sie für Asperger oder für ADHS als typisch benannt werden. Ich persönlich erlebe Hyperfokus als eine ständig wechselnde Aufmerksamkeit, unabhängig von Nutzen oder tieferem Interesse. Der Fokus springt sofort zum neuen Impuls und genießt die komplette Aufmerksamkeit.

Der Hyperfokus kann sich auch bei meinen Spezialinteressen einstellen. Spezialinteressen werden als typische Ausprägung insbesondere beim Asperger -Syndrom beschrieben. Für mich selbst ist der Unterschied zu normalen Hobbies schwer nachzuvollziehen. Jedoch fällt es mir auf, dass ich meine Projekte oft mit Begeisterung und großer Detailliebe betreibe. Und das neurotypische Menschen um mich herum erstens deutlich weniger Engagement für die Themen investieren. Und zweitens meine Energie oft auch als ... nun ... sagen wir, als Herausforderung erleben.

Spezialinteressen und Hyperfokus können gezielt auf Themen gerichtet werden, die einen praktischen Nutzen für Alltag und Beruf haben. In diesen Fällen ist das Empowerment erreicht, wie eine neurodiverse Eigenschaft in eine Stärke gewandelt wird.

Mögliche Konflikte

Problematisch für den Alltag ist aber zunächst, dass links und rechts alles ausgeblendet ist. Auch Dinge, die kurz zuvor noch gegenwärtig waren, sind vergessen. Komplett weg. Daraus folgen natürlich Konflikte, zum Beispiel mit Terminen. Oder Arbeiten, die zu Ende gebracht werden sollten. Oder notwendige Dinge, die ich ablege, dann aber nicht wiederfinde.

Das ist ein komplexes Thema. Daher konzentriert sich das Gedicht nur auf ein Detail (wir "fokussieren" also 😊): Die Rückkehr aus dem Spezialinteresse kann schwer sein. Insbesondere bei überraschenden Störungen oder Erinnerungen an vergessene Aufgaben. Hier entstehen schnell Gefühle von Zwang, es folgen Abwehrreaktionen, Ärger und im schlechten Falle auch Wutanfälle.

Das muss nicht sein. Und hier zur Erinnerung: Wer diesen Ärger kennt, dem möchte ich ans Herz legen, dass die eigene Wahrnehmung „über sich selbst“ immer viel zu positiv ist. Ich habe mal gelesen, dass dies besonders für Männer gilt, aber ich weiß die Quelle nicht mehr.

Für andere jedoch sind die Gefühlsausbrüche keine Charaktereigenschaft, sondern sehr unangenehm. Das muss keiner dulden.

Deswegen hier als Erstes eine einfache Hilfe, die ich mir selbst über die Jahre angewöhnt habe. Es ist nichts Besonderes. Dennoch erleichtert es mir den spontanen Wechsel von Hyperfokus und Spezialinteresse zurück in den Alltag.

Suche nach Zwischenergebnissen!

Ich achte in meinen Arbeiten immer auf kleine Zwischenergebnisse. Das kann eine fertige Berechnung sein, ein geschriebener Absatz oder eine gefundene Quellenangabe.

Als Übung kannst Du auch kleine Überschriften an diese Ergebnisse schreiben. Dadurch wird die eine wichtigste Aussage noch klarer. Über die Zeit erkennst Du immer leichter, dass alle Arbeiten eine Abfolge kleiner Zwischenschritte sind. Und an jedem Schritt steht ein kleiner Übergang, mit einem Ergebnis und einem neuen Input. Hier kannst Du leicht wieder beginnen und Dein Projekt fortsetzen.

Kommt es nun zu einer Unterbrechung, dann kannst Du Dir zusätzlich eine Notiz schreiben, was gerade Dich beschäftigt hatte. Als zweites vielleicht noch ein Stichwort, was Du gerade als Nächstes machen wolltest. Diese Notiz darf gerne groß und fett gestaltet werden, in kräftiger Lieblingsfarbe.

Und mit einer so auffälligen Notiz wird die Rückkehr an die letzte Stelle leicht. Der letzte Gedankengang ist unmittelbar zurück, selbst wenn Tage vergangen sind. Und je öfter dies funktioniert, umso mehr kannst Du darauf vertrauen, dass Du den geliebten roten Faden wiederfindest. Sobald dann wieder ein wenig Zeit ist. Keine Eile. Keine Idee ist verloren gegangen.

Das stärkt Dich für den Tag.


Zusammenfassung

Im Autismusspektrum und bei ADHS springt die Aufmerksamkeit sehr schnell. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Normalerweise genießt der neue Fokus die volle Aufmerksamkeit. Die Welt ist vergessen. Bei Konflikten mit der Umwelt empfinden Neurodivergente oft Ärger und Wut. Das soziale Zusammenleben leidet. Ich persönlich gestalte Unterbrechungen durch strukturierte Orientierung der bisherigen Gedankengänge. Je leichter ich später zum Fokus zurückkehren kann, umso leichter kann ich spontan den Fokus vorübergehend aufgeben.

Wie mache ich das ? Beginne hier nochmal mit der praktischen Anwendung.


Hast Du es im Gedicht bemerkt?

Dieses Gefühl zunehmender Ruhe und Vertrauen verarbeite ich im Gedicht durch die abnehmende Zeilenzahl pro Absatz. Auch die Wortzahl nimmt ab. Das Gedicht wirkt dadurch - so hoffe ich - langsamer. Am Ende bremse ich zudem den Rhythmus der Zeichen vom Vierer- in einen Dreiertakt (oder auch: Jambus).